09.07.2021

Smarte Gebäude und Areale

Die Zukunft liegt in einer intelligent vernetzten Infrastruktur

Durch das Vernetzen der Gebäudetechnik mit IoT-Anwendungen und der klassischen IT-Umgebung entstehen Smart Buildings. Einen intelligenten Sprung machen die darüber generierten Daten, wenn sie gebäudeübergreifend genutzt werden. So können neue Anwendungen entstehen, die den Weg vom smarten Gebäude hin zu smarten Arealen ausweiten. Smarte Gebäude und Areale sind optimal auf die Bedürfnisse ausgerichtet und versprechen mehr Komfort, Sicherheit und einen effizienten Umgang mit Ressourcen. Sie können damit zum Klimaschutz und mehr Lebensqualität beitragen. Eigentümer und Facility Manager stellt das vor neue Herausforderungen.

Vom Gebäude zum Smart Building

Damit aus einem Gebäude ein Smart Building wird, müssen technische Anlagen und Bauteile vernetzt und Prozesse digitalisiert sein. Dann sind die Anwendungen vielfältig und reichen von Belegungsanalysen der Räume, über intelligentes Parkplatzmanagement, bedarfsgerechte Heizung und Lüftung bis zur höheren Energieeffizienz durch das Teilen von Energie mit Nachbargebäuden.

Es bedarf verschiedener technischer Bausteine, um ein Gebäude zu digitalisieren, und es betrifft dessen Innenleben und IT-Infrastruktur gleichermaßen. Damit ein Gebäude wirklich smart wird, müssen Sensoren und Aktoren, Netzwerke, Middleware und Applikationen aufeinander abgestimmt und miteinander vernetzt sein. Obwohl bereits heute in einem Gebäude viele Daten über verbaute Sensoren oder Systeme der Gebäudeleittechnik vorliegen, haben die meisten den Sprung zum Smart Building noch vor sich. Denn bisher laufen Sicherheitstechnik, Gebäudeleittechnik oder Licht- und Energiemanagementsysteme oft autark nebeneinander. Neue Ansätze mit IoT-Plattformen eröffnen viele neue Möglichkeiten. 

Vier Ebenen der IoT-Architektur

Üblicherweise besteht eine IoT-Architektur aus vier Ebenen: 1) die Sensor- und Aktoren-Ebene, über die Daten generiert wird, 2) die Netzwerk-Ebene, über die Daten übertragen wird, 3) die Middleware-Ebene, über die Daten verarbeitet und gemanagt wird und 4) die Applikations-Ebene. 

IoT-Architektur: Damit ein Gebäude wirklich smart wird, müssen Sensor- und Aktoren-Ebene, Netzwerk-Ebene, Middleware-Ebene und Applikations-Ebene aufeinander abgestimmt und miteinander vernetzt sein.

Sensor- und Aktoren-Ebene

Sind Anlagen oder Komponenten mit Datenpunkten ausgestattet, ist ein Gebäude auf dem Weg, ein Smart Building zu werden. Diese Datenpunkte sind zum einen passive Komponenten wie Zähler oder Sensoren oder aktive Komponenten wie Controller oder Aktoren. Passive Komponenten erfassen Zustände durch Mengenzähler, Bewegungsmelder oder Öffnungs- und Schließkontakte. Aktive Komponenten bewegen oder betätigen Dinge wie Ventile oder Schalter. 

Netzwerk-Ebene

Die Netzwerk-Ebene überträgt Daten von Sensoren und Aktoren und liefert sie an mehrere Anwendungen auf Servern oder in die Cloud. Je nach dem wohin die Daten übermittelt werden, kommen klassische Netzwerkverkabelungen, passive und aktive IT-Infrastruktur-Elemente, Funktechnologien wie WLAN, Bluetooth, LoRaWAN und 5G oder weitere Technologien wie LiFi zum Einsatz. Dabei werden innerhalb von Gebäuden üblicherweise LAN, WLAN, LiFi und für kurze Distanzen Bluetooth eingesetzt. Für Areale werden typischerweise LoRaWAN und mit steigender Tendenz 5G-Campusnetze genutzt.

LiFi (kurz für Light Fidelity) ist eine optisch-drahtlose Kommunikationstechnologie, die Daten mit hoher Geschwindigkeit über die sichtbaren Licht- oder Infrarotspektren überträgt. In der Verwendung ähnelt die Technologie dem WLAN. Durch die Nutzung der Beleuchtung erhalten Gebäude das Beste aus beiden Bereichen: hochwertige Beleuchtung und eine zuverlässige, sichere, drahtlose Breitbanddatenverbindung.

LoRaWAN (kurz für Long Range Wide Area Network) ermöglicht ein energieeffizientes Senden von Daten über lange Strecken und wurde speziell für den IoT-Gebrauch entwickelt. Mit LoRaWAN ist es möglich, mehrere hundert Sensoren innerhalb eines Netzwerkes zu verwalten und Sensordaten sehr energiesparend zu übertragen. Eine Datenübertragung mit hoher Reichweite und geringem Energieverbrauch erfüllen nur die wenigsten Technologien. Gängige Übertragungsstandards basierend auf WLAN oder Bluetooth haben eine Reichweite von 30 bis 100 Metern. Das ist in der Praxis für ein Gebäude oder Areal zu wenig. Schon ein einziges LoRaWAN-Gateway kann ein gesamtes Gebäude oder Firmengelände abdecken. Innerhalb dieser Zone können fast beliebig viele Sensoren platziert werden, die dann über mehrere Jahre hinweg Sensordaten an das Gateway übermitteln.

5G ist als drahtlose Netzwerktechnologie die fünfte Generation des Mobilfunks und für vernetzte Gebäude besonders gut geeignet. Verbaute Datenendpunkte benötigen ein Netz und 5G hält für jede IoT-Anwendung immer die passende Übertragungstechnologie bereit. Im Vergleich zu den etablierten Mobilfunktechnologien 3G (UMTS), 4G (LTE) und aktuellen WLAN-Infrastrukturen ist die Übertragungsgeschwindigkeit der Daten um das 100- bzw. 1.000-fache höher. Auch die Zeit, die die Daten von einem Punkt zum anderen benötigen, verringert sich von 50-80 Millisekunden auf unter 1 Millisekunde. Zusätzlich können bis zu 1000-mal mehr Endgeräte je Quadratkilometer erreicht werden. 

Forschungsprojekt erprobt Einsatz der 5G-Technologie

In einem vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderten Forschungsprojekt bearbeitet SPIE gemeinsam mit Partnern in der ARENA2036 das Teilprojekt „5G-Netzwerke mit hoher Bandbreite zur Prozessoptimierung in der Fertigung“. Innerhalb des Teilprojekts verantwortet SPIE die Errichtung und Konfiguration einer 5G-Netzwerkinfrastruktur, unterstützt bei der Prototypausführung eines 5G-Kamerasystems, begleitet die Realisierung einer Auswertungsplattform für die Datenfusion und -analyse und verantwortet die Umsetzung eines Sensors-Kits mit 5G-Ausstattung, durch das eine hohe Anzahl an Sensorgeräten pro Flächeneinheit unterstützt und gleichzeitig eine hohe Datenrate im Uplink (Echtzeit-Analyse) gewährleistet werden kann. Der Einsatz von mobilen 5G-Kamerasystemen ermöglicht die Übertragung von hochauflösenden Videos, wodurch das Fertigungsumfeld visuell erfasst und mögliche Abweichungen in der Fertigung ausgewertet werden können. Bestehende Maschinen mit Sensortechnik nachzurüsten, ist in der Regel mit großem Aufwand verbunden. Der Einsatz einer 5G-IO-Box als Übertragungseinheit, die weitere Steuerungsdaten erfassen und Ende-zu-Ende verschlüsselt übermitteln kann, wird in diesem Kontext erprobt. 

Middleware-Ebene

Die Middleware-Ebene verarbeitet und speichert eine enorme Datenmenge aus der Netzwerk-Ebene und verbindet das IoT-System mit der Datenbank und der Cloud zur weiteren Nutzung durch die Applikations-Ebene.

Zu den wesentlichen Funktionen einer IoT-Plattform gehören die Identifikation, Anbindung und das Management von Geräten, die Sammlung, Verwaltung und Analyse von Daten, die Visualisierung der Analyseergebnisse und das Reporting. Zudem wird die Entwicklung und Inbetriebnahme von IoT-Applikationen sowie die Einbindung in bestehende IT-Umgebungen unterstützt. Die Komponenten einer IoT-Plattform reichen von der IoT-Cloudgateway, der Authentifizierung, Geräteverwaltung und APIs, dem Data Lake (also einem System zur Speicherung von Daten im Rohdatenformat) über die Cloud-Infrastruktur, bis zur Integrationen von Drittanbieter-Apps.

Eine der wichtigsten Eigenschaften einer IoT-Plattform ist die Offenheit, also die Unterstützung möglichst vieler Standards, Formate und Schnittstellen – entweder auf die jeweilige Anwendung bezogen oder auf bestimmte Prozesse, die im IoT abgebildet werden sollen. Neben dieser Offenheit ist gleichzeitig der Schutz vor möglichen Angriffen und unberechtigten Zugriffen auf Geräte, Verbindungen, Anwendungen und Daten essenziell. 

Applikations-Ebene

Die Applikations-Ebene verwendet Daten aus der Middleware-Ebene für die Implementierung erforderlicher Anwendungen in verschiedenen Szenarien, um dem Endnutzer einen bestimmten Service zu bieten oder Herausforderungen der unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsbereiche zu lösen. Gesteuert werden Anwendungen automatisiert oder individuell durch den Nutzer über ein Dashboard, eine App und teilweise auch über Sprachsteuerung, wie sie im Smart-Home-Bereich häufig genutzt wird. 

Energieeffizienz - Bildnachweis SPIE
Umfassende Multitechnik-Kompetenz für smarte Gebäude und Areale

Als Multitechnik-Dienstleister haben wir als SPIE die umfassende Kompetenz im technischen Facility Management, auf IT-Infrastrukturebene und im Bereich der IoT-Plattformen, um Gebäude zu digitalisieren und sie zu Arealen zu vernetzen. Unternehmen und Organisationen brauchen einen Partner an ihrer Seite, der sie auf dem Weg der digitalen Transformation begleitet und ganzheitlich unterstützt. SPIE ist mit einem breiten, auf technische Dienstleistungen fokussierten Leistungsportfolio und einer hohen Kompetenz als produktunabhängiger Systemintegrator gut für die Zukunft gerüstet. Auch wenn die Realisierung smarter Gebäude und Areale noch am Anfang stehen, hat SPIE bereits einige Anwendungsfälle umgesetzt. Im Folgenden werden einige Projekte herausgegriffen und beschrieben.  

Anwendungsfall: Smarte Büroumgebung

Im konkreten Fall kann es sich lohnen, zunächst klein anzufangen und in einem Bestandsgebäude einzelne Räume mit den Möglichkeiten von IoT auszustatten. So realisierte SPIE ein Smart Office, das als Blaupause für den weiteren Roll-out dient. Ziel des Projekts war es, eine höhere Zufriedenheit und Sicherheit der Mitarbeitenden mit gleichzeitiger Reduzierung des CO2-Austoßes zu erreichen. Auf der Fläche wurden unterschiedliche Szenarien dargestellt: ein Meetingbereich für zehn Personen, ein Doppelarbeitsplatz und ein Einzelarbeitsplatz. Über smarte Videoendpunkte können Videokonferenzen automatisch gestartet und per Spracheingabe gesteuert werden. Mit einem abgesetzten Touchdisplay lässt sich sowohl die Raumbeleuchtung in Abhängigkeit von der Tageslichtstärke regeln, als auch die Anzahl der sich im Raum befindenden Personen messen – mit Warnhinweis, sobald die zulässige Personenzahl überschritten wurden. Mittels IoT-Hub kann zudem die optimale Luftmenge oder andere luftverbessende Werte in Echtzeit ermittelt und gesteuert werden.   

So wurde ein skalier- und reproduzierbares Eco-System geschaffen, das auf offenen Schnittstellen beruht. Verwendet wurde dafür eine POE-fähige Beleuchtung mit integrierten Sensoren zur Erfassung verschiedenster Daten wie Präsenz, Belegung, Temperatur und Luftfeuchte. Die erzeugten Daten werden in einem Data Lake gesammelt, evaluiert und die Werte über eine Webapplikation angezeigt.  

Smarte Beleuchtungssysteme - Bildnachweis SPIE
Anwendungsfall: Energieeffizienz und Sicherheit über Bewegungsmessung

Über Bewegungsmessung erreichte SPIE im konkreten Anwendungsfall eine gesteigerte Energieeffizienz und Sicherheit für den Nutzer. Nehmen installierte Sensoren keine Bewegungen im Raum mehr wahr, werden die Klimaanlagen und das Licht ausgeschaltet. Zugleich kann der Nutzer über eine App die Raumsituation nach den individuellen Bedürfnissen anpassen – wenn ihm der Arbeitsplatz zu warm oder zu kalt, zu hell oder zu dunkel ist. Die Bewegungsmessung sorgt gleichzeitig für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz: Wenn ein Nutzer sich am Arbeitsplatz nicht bewegt und allein im Büro ist, kann er in Abständen über die App dazu aufgefordert werden, ein Signal zu geben, um zu zeigen, dass es ihm gut geht. Bleibt eine Bestätigung des allein arbeitenden Mitarbeitenden innerhalb eines festgelegten Zeitraums aus, ist es über die Sensoren möglich, die verunfallte Person schneller zu orten.

Anwendungsfall: Intelligentes Parkplatzmanagement

Über die Erfassung und Auslastung kann die Anzahl angemieteter Stellplätze optimiert werden. Die Belegungsübersicht lässt eine flexible und effiziente Parkplatzvergabe zu. Im konkreten Anwendungsfall wurden Sensoren auf den ausgewiesenen Parkplätzen verklebt, die die Belegung durch einen PKW erfassen. Die nahtlose Kommunikation ermöglicht die LoRaWAN-Technologie. Die erzeugten Parkplatzdaten werden in einer IoT-Umgebung mittels Rest-API-Schnittstelle verarbeitet und integriert. Über ein webbasiertes Dashboard ist ersichtlich, welche Parkplätze belegt sind, wie hoch die generelle Auslastung ist und ob eine vordefinierte Parkdauer überschritten wurde. Werden die Sensoren mit einem umfassenden intelligenten Gebäudesystem vernetzt, können weitere Aktionen durch die Parkplatzbelegung ausgelöst werden. 

Vom smarten zum lernenden Gebäude oder Areal

Ist der Schritt vom smarten Gebäude getan, ist es zum lernenden Gebäude nicht mehr weit. Im Kern geht es bei Smart Buildings darum, Daten zu analysieren und einen Mehrwert daraus zu generieren. Vernetzte Gebäude kommunizieren mit ihren Nutzern, dem Gebäudebetreiber, dem Eigentümer und dem Facility Manager. Sie verstehen ihre Umgebung, sie interagieren, lernen und passen sich an. Die Nutzung von Daten eröffnet viele neue Möglichkeiten. Klar ist aber auch, dass ein Gebäude nicht von heute auf morgen hochintelligent sein wird. Es gibt wichtige Zwischenstufen. Dabei spielen Informationssicherheit und der Schutz vor Cyberangriffen eine wichtige Rolle.

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