13.09.2023

Energieunabhängigkeit

Differenzierungsfaktor im Standortwettbewerb


Erneuerbare Energien vor Ort zu produzieren, zu speichern und effizient zu nutzen, bringt viele Vorteile. Der Weg in die Energieunabhängigkeit ist insbesondere in einem von Unsicherheit geprägten Umfeld eine wichtige Investition in die Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz von Unternehmen.

Nicht zuletzt die Preisschocks für Öl und Gas in Verbindung mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben uns allen schmerzlich vor Augen geführt, wie groß die Abhängigkeit unserer Energieversorgung von externen Faktoren heute noch ist. Eine temporäre Versechsfachung des Gasverbraucherpreises im Sommer 2022 und das Ausrufen der Gasmangellage hatten unmittelbare Auswirkungen – auch wenn staatliche Initiativen wie die Gas- und Strompreisbremsen akut einen Teil der Effekte für Verbraucherinnen und Verbraucher abfedern. Darüber hinaus ist insbesondere die Transformation zu einer eigenen unabhängigen und CO2-freien Energieerzeugung – sowohl für Unternehmen als auch für öffentliche Institutionen – Teil einer klugen Strategie, die positiv auf Nachhaltigkeitsziele einzahlt und langfristig Handlungssicherheit bietet. Denn Energieunabhängigkeit bedeutet Sicherheit vor Schwankungen an den Energiemärkten, vor Änderungen der nationalen oder europäischen Gesetzgebung sowie vor geopolitischen Stresssituationen. Zudem kann damit den steigenden ESG-Anforderungen noch besser entsprochen werden.
Es zeichnet sich ab: Energieunabhängigkeit wird ein Differenzierungsfaktor im Standortwettbewerb.

Schritt für Schritt zur Energieunabhängigkeit
Auf dem Weg zur Energieunabhängigkeit sollten Eigentümer von Immobilienportfolios und Betreiber von Standorten gerade die verschiedenen Elemente der Energieerzeugung, Energiespeicherung, Energieeffizienz sowie ein aussagekräftiges und handlungsorientiertes Energiemanagement holistisch im Blick haben. Denn sämtliche Bereiche – von der Erzeugung bis zur Nutzung – sind eng miteinander verzahnt. Um diese Komplexität gut zu managen, ist es sinnvoll, eine Roadmap zu erarbeiten: ein modulares Maßnahmenbündel, das genau auf die Liegenschaft bzw. den Standort oder auf ganze Portfolien zugeschnitten ist und sämtliche Bereiche – von der Erzeugung über die Verteilung bis zu den Verbrauchern – abdeckt.
Idealerweise basiert diese Roadmap auf einer systematischen Erhebung aller relevanten Daten und der Einrichtung eines professionellen Energiemanagement-Systems, das eine Komplettanalyse der Energieverbräuche ermöglicht. Trotz des Digitalisierungsfortschritts in den letzten Jahren sind Datenverfügbarkeit und -qualität mit Hinblick auf Energieverbräuche bei Gebäuden und Anlagen in vielen Unternehmen noch nicht ausreichend. Hier lohnt es sich, in digitale Tools wie den einfach zu installierenden SPIE Energy Manager für die Verbrauchserfassung und -analyse sowie die Datenanalyse-Plattform FM Analytics zu investieren, durch die die Energieoptimierung von Gebäuden, Anlagen und Infrastrukturen unmittelbar unterstützt wird.

Unabhängige Stromerzeugung
Der größte Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit ist für die meisten Unternehmen die eigene Stromerzeugung. Dabei bietet sich in den meisten Fällen Photovoltaik als zentrale Energiequelle an. Auf Basis von Simulationen kann die Belegung von Dächern mit Photovoltaik optimiert, entsprechend geplant und umgesetzt werden. Dabei werden nicht nur die perfekte Ausrichtung der Anlage auf die Himmelsrichtungen, sondern auch eine vollständige Kosten-Nutzen-Rechnung sowie Ertragssimulation zugrunde gelegt, die hohe Investitionssicherheit bieten. Die Leistungserbringung von der Planung bis zur Installation und dem Betrieb, bei dem die Effizienz der Anlage wiederum digital gemonitort wird, erfolgt im besten Fall aus einer Hand, um den Nutzern der Immobilie den optimalen Betrieb und den Betreibern entsprechende Erträge über den gesamten Lieferzeitraum gewährleisten zu können. Sind ausreichend Flächen vorhanden, können die Photovoltaik-Anlagen darüber hinaus durch einzelne Windkraftanlagen auf dem Standort ergänzt werden. Ebenso wird die ideale Auslegung des Stromspeichers bei den Planungen ermittelt und berücksichtigt.

Erneuerbare Energien speichern
Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien deckt sich zeitlich nicht immer mit den Bedürfnissen des standortspezifischen Verbrauchs. Um auch abseits der schwankenden Produktionszeiten energieunabhängig zu bleiben und eine möglichst hohe Verwendungsrate der erneuerbaren Energie zu erreichen, sind Energiespeicher relevant. Der Strom kann in Batterien gespeichert werden, aber auch in anderer Form, beispielsweise als Wasserstoff.
In diesem Fall wird über Photovoltaik und Windkraft Strom erzeugt, der einen Elektrolyseur zur Herstellung von grünem Wasserstoff betreibt. Dieser kann dann zum Beispiel Erdgas substituieren oder über Brennstoffzellen wieder verstromt werden, damit der Produktionsprozess kontinuierlich fortgeführt wird, auch wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Überschüssiger Strom in sehr sonnen- bzw. windreichen Zeiten lässt sich aber auch thermisch sehr gut zwischenspeichern, also zur Produktion von Wärme und Kälte verwenden. 

Schematische Darstellung Wärmepumpe

Nachhaltige Wärme- und Kälteversorgung
Über den Einsatz von Wärmepumpen kann elektrische Energie aus den erneuerbaren Energien effizient in grüne Wärme umwandelt werden. Einer der wesentlichen Energieverbraucher ist die Wärme- bzw. Kälteversorgung von Gebäuden. Mittels Strom, der durch erneuerbare Energien hergestellt wurde, werden Wärmepumpen betrieben, die die Wärme- und Kältebedarfe direkt vor Ort und unabhängig von fossilen Brennstoffen wie Erdgas decken: Über einen Wärmetauscher, wie zum Beispiel einem Bodenabsorber im Fundament eines Gebäudes, wird der Umgebung Energie entzogen, die dann mittels der Wärmepumpe entweder zur Erwärmung oder zur Kühlung des Gebäudes eingesetzt werden kann. Durch die intelligente Nutzung von zum Beispiel Sprinklertanks als Pufferspeicher kann die Volatilität der Erzeugung von erneuerbaren Energien abgesichert werden.

Intelligentes Automationskonzept
Ein intelligentes Automationskonzept ist dabei das Herzstück komplexer Medienversorgungskonzepte: Es steuert die verschiedenen Komponenten so an, dass die gewünschte Wärme beziehungsweise Kälte das ganze Jahr über effizient erzeugt und zur Verfügung gestellt werden kann. Es umfasst verschiedene Betriebsstufen – vom passiven Modus, in dem der Heiz- und Kühlleistungsbedarf aus den Pufferspeichern gedeckt werden kann und Sprinklertanks sowie Wärmespeicher ausreichend geladen sind, über den Wärmepumpenbetrieb im Winter, in dem Wärmeenergie aus Brunnen und Bodenabsorbern entnommen werden, bis hin zur freien Kühlung über Grundwasserbrunnen und Bodenplattenabsorber sowie Rückkühlwerke. Freie Kühlung wird gerade auch dann eingesetzt, wenn beispielsweise in Rechenzentren oder Industrieanlagen auch im Winter gekühlt werden muss: Kalte Luft von außen wird eingesaugt und in das Gebäude geleitet.

Rasche Steigerungen der Energieeffizienz
Dass alle Anlagen auf dem technisch neuesten Stand und optimal eingestellt sein sollten, damit keinerlei Energie vergeudet wird, versteht sich dabei fast von selbst. Allerdings ist dies gerade im Bestand bei Weitem nicht die Regel. Basierend auf den durch SPIE erhobenen Daten können bereits kleinere Maßnahmen zur betrieblichen Optimierung eine große Wirkung erzielen: Rasche Effizienzsteigerungen von über 10 Prozent und ROI-Zeiten von unter einem Jahr werden durch die Anpassung der Anschluss- bzw. Heizleistung bei Wärmeversorgungsanlagen ermöglicht. Auch die Kontrolle und der Abgleich der eingestellten Anlagen-Betriebszeiten mit den Nutzungszeiten von Gebäuden bzw. einzelner Gebäudeteile sorgen für erhebliche Reduzierungen des Heiz- und Kälteenergie- sowie des Strom- und Wasserverbrauchs. Selbst der Ersatz von herkömmlichen Beleuchtungsmitteln durch intelligente LED-Leuchten führt zu erheblichen Reduzierungen des Energieverbrauchs – und trägt damit wiederum zur Energieunabhängigkeit bei.  

Sichere Investitionen und Wertsteigerung für das Portfolio
Die Erarbeitung und Umsetzung einer Roadmap hin zur Energieunabhängigkeit bietet viele Vorteile, erfordert jedoch Zeit und Geld. Investitionen in Anlagentechnik außerhalb der Kernprozesse sind für viele Firmen und Eigentümer herausfordernd. Aufgrund der enormen Nachfrage und um möglichst vielen Eigentümern von Liegenschaften – seien es Unternehmen, Fonds oder Institutionen – die Gelegenheit zu geben, Investitionen in ihre Energieunabhängigkeit zu tätigen, hat SPIE passgenaue Vertrags- & Finanzierungsmodelle entwickelt, die es sämtlichen Zielgruppen ermöglichen, erforderliche Investitionen in den Transformationsprozess über mehrere Jahre zu strecken und diese über Effizienzgewinne zu refinanzieren.

Diese Investitionen bringen neben der zunehmenden Unabhängigkeit von externen Kostenfaktoren auch erhebliche CO2-Einsparungen. Die Roadmap zur Energieunabhängigkeit unterstützt den Eigentümer beziehungsweise Betreiber also beim Erreichen seiner ESG-Ziele und trägt damit auch zur Attraktivität des Standorts und zur Wertsteigerung des Immobilien-Portfolios bei. Energieunabhängigkeit ist entsprechend nicht nur ein Kostenfaktor, sondern auch und insbesondere ein Differenzierungsfaktor im Standortwettbewerb.

Der Artikel "Energieunabhängigkeit: Differenzierungsfaktor im Standortwettbewerb" ist im "Handbuch Facility Management 2023" von Lünendonk erschienen.

 

Über die Autoren:


Markus Holzke

ist seit 2014 Geschäftsführer/CEO von SPIE Deutschland & Zentraleuropa und Mitglied des Executive Committee der SPIE Gruppe. Er verantwortet die zukunftsorientierte Weiterentwicklung und den Wachstumskurs des Multitechnik-Dienstleisters in Deutschland, Österreich, Polen, der Slowakei, Tschechien und Ungarn.


Dr. André Schimmel

ist Mitglied der Geschäftsleitung von SPIE Deutschland & Zentraleuropa. Als CSO verantwortet er die Bereiche Digital Transformation, Einkauf, Geschäftsentwicklung & Vertrieb, HSEQ, IT, Kommunikation und PMI. 


Rainer Hollang

ist Mitglied der Geschäftsleitung von SPIE Deutschland & Zentraleuropa. Als Leiter des Geschäftsbereichs Efficient Facilities und Geschäftsführer der SPIE Efficient Facilities GmbH verantwortet er das TechFM-Geschäft in Deutschland.


Sascha Flormann

ist Mitglied der Geschäftsleitung der Geschäftseinheit SPIE Energy Solutions im Geschäftsbereich Efficient Facilities. In dieser Funktion ist er verantwortlich für den Bereich Energiewirtschaft, insbesondere den Vertrieb und das Engineering von Projekten der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien.

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