02.07.2021

Mehr Klimaschutz durch innovative solarthermische Trocknungsanlage

Im Expertengespräch mit Dr. Emanuel Grün

Im Ruhrgebiet unterstützt SPIE OSMO den Wasserwirtschaftsverband Emschergenossenschaft bei der Installation einer innovativen solarthermischen Trocknungsanlage für Klärschlamm. Bisher wurde Klärschlamm mit Kohle vermischt, um ihn verbrennen zu können. Die neue Anlage aber nutzt eine Kombination aus Solarkraft und zurückgewonnener Wärme aus der Verbrennungsanlage vor Ort, um den Klärschlamm auf energiesparende Weise zu trocknen und dabei auf Kohle zu verzichten. So können die Kohlendioxidemissionen um 70 000 Tonnen pro Jahr gesenkt werden.

Obwohl das Ruhrgebiet nach dem gleichnamigen Fluss benannt ist, liegen viele Städte dieses westdeutschen Ballungsraums mit 5,1 Millionen Einwohnern eigentlich näher an der Emscher. Als die Region Ende des 19. Jahrhunderts in rasantem Tempo industrialisiert wurde, stieg die Verschmutzung dieses Flusses gefährlich an. Aus diesem Grund wurde im Jahr 1899 der erste öffentliche Wasserwirtschaftsverband Deutschlands gegründet: die Emschergenossenschaft. „Wir sind also ein Jahr älter als SPIE“, scherzt Dr. Emanuel Grün, Vorstandsmitglied für Wassermanagement und Technik, zu Beginn eines Interviews darüber, wie SPIE OSMO die Emschergenossenschaft, den noch immer größten Wasserwirtschaftsverband Deutschlands, dabei unterstützt, die Kohlendioxidemissionen der Kläranlage Bottrop durch eine solarthermische Trocknungsanlage zu verringern.

Dr. Emanuel Grün, welche weitergehende ökologische Relevanz – abgesehen von ihrer offensichtlichen Bedeutung für die örtliche Wasserqualität – besitzt die Klärschlammbewirtschaftung, z. B. bei der Verringerung des CO2-Ausstoßes?

Kaum jemand weiß, dass in vielen Gemeinden – sowohl hier in Deutschland als auch in ganz Europa – Kläranlagen die größten Einzelverbraucher von Energie der Kommunen sind. Zur Abwasserbehandlung braucht es Strom, um die Maschinen anzutreiben, und Wärme, um den Klärschlamm zu trocknen. Somit ist der Prozess äußerst energieintensiv. 

Abwasser enthält jedoch auch jede Menge potenzielle erneuerbare Energieträger, wie beispielsweise Faulgase, die wir in sogenannten Faultürmen auffangen, um Biogas zu erzeugen. Mithilfe von Blockheizkraftwerken (BHKW), die schon zu einem früheren Zeitpunkt von OSMO installiert wurden, wandeln wir dieses Gas dann in Strom und Wärme um. In erster Linie deshalb sind wir bereits recht zufrieden, was unseren Energieverbrauch betrifft. Den Klärschlamm müssen wir nach der Entwässerung allerdings weiterhin verbrennen. Um den erforderlichen Brennwert zu erreichen, mussten wir diesem bislang Kohle zugeben. Darin liegt eine weitere Quelle unserer Kohlendioxidemissionen, die wir nun mit der neuen solarthermischen Trocknungsanlage angehen werden.

 


 

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Unsere innovative solarthermische Trocknungsanlage nutzt sowohl Solarenergie als auch ohnehin erzeugte Wärme, um Klärschlamm zur Verbrennung aufzubereiten – so können wir im Prozess auf Kohle verzichten und unseren CO2-Ausstoß um 70 000 Tonnen pro Jahr verringern. Mit SPIE OSMO steht uns ein Partner zur Seite, der innovative Lösungen in unsere komplexen Systeme und innerhalb unseres ehrgeizigen Zeitplans integrieren kann.


Dr. Emanuel Grün, Vorstandsmitglied für Wassermanagement und Technik bei der Emschergenossenschaft

Wie genau funktioniert die solarthermische Trocknungsanlage und welche Umweltauswirkungen wird diese haben?

Im Wesentlichen können Sie sich die solarthermische Trocknungsanlage wie ein intelligentes Gewächshaus vorstellen, in dem die Sonnenenergie (solar) und zugeführte Wärme (thermisch) genutzt werden, um Klärschlamm zu trocknen. Wir haben uns für diese kombinierte Lösung entschieden, da die Sonne in unseren nördlichen Breiten nur etwa 20 % der benötigten Energie beisteuern kann, wir aber die übrigen 80 % in Form von Wärme aus unseren eigenen Quellen zuführen können, um ca. 103 000 m³ Wasser zu verdampfen. Durch die Verbrennung von insgesamt 220 000 Tonnen Klärschlamm erzeugen wir derzeit jährlich rund 80 000 Megawattstunden an Wärme, die wir jedoch ungenutzt in die Atmosphäre entweichen lassen. Mit der neuen solarthermischen Trocknungsanlage werden wir diese Wärme nun in einem Kreislaufprozess auffangen und wiederrum für die Trocknung von Klärschlamm nutzen – wodurch in entscheidendem Maße auf Kohle verzichtet werden kann.

Derzeit fügen wir unserem Klärschlamm jährlich rund 20 000 Tonnen Kohle zu, durch deren Verbrennung etwa 70 000 Tonnen CO2 pro Jahr entstehen. Die Trocknungsanlage wird diese Emissionen auf null senken. Darüber hinaus können wir durch den Verzicht auf Kohle im Gemisch mehr Klärschlamm verbrennen und so die Energieeffizienz unserer Verbrennungsanlage steigern – die natürlich ebenfalls kohlenstoffarmen Strom produziert, den wir wiederum zum Betrieb anderer Anlagen (z. B. Pumpanlagen) nutzen können. Wie Sie sehen, handelt es sich dabei um ein komplexes System, aber eines, bei dem vorhandene Energie intelligenter genutzt wird, um CO2-Neutralität zu erreichen.

Was erwarten Sie im Rahmen dieses komplexen Systems von Partnerunternehmen, die Sie bei innovativen Projekten wie der solarthermischen Trocknungsanlage unterstützen?

Vor allem Erfahrung! Bevor das Unternehmen 2019 Teil von SPIE wurde, haben wir bereits 30 Jahre lang mit OSMO zusammengearbeitet. Deshalb wissen wir, dass die Geschäftseinheit SPIE OSMO langjährige Erfahrung bei der Realisierung technisch anspruchsvoller Projekte vorweist und ihre Lösungsansätze stets auf unsere vorhandene Infrastruktur abstimmt. Mit SPIE OSMO steht uns ein Partner zur Seite, der ein Blockheizkraftwerk oder eine innovative Trocknungslösung tatsächlich in unsere komplexen Systeme einbinden kann – und das innerhalb unseres ehrgeizigen Zeitplans (zwei Jahre von Projektbeginn bis zur Fertigstellung!) und in Zusammenarbeit mit einer Reihe anderer Unternehmen, von denen sich während der Errichtungs- und Installationsphase bis zu 150 Mitarbeitende vor Ort befanden. 

Darüber hinaus hat SPIE OSMO bei diesem Projekt bewiesen, dass es in der Lage ist, die volle Bandbreite des Know-hows als Unternehmen zu nutzen und in allen Phasen des Projekts – bis hin und während der Implementierung – zur Optimierung beizutragen. In den nächsten Jahren werden viele dieser Beiträge den Betrieb dieser komplexen neuen Anlage im Arbeitsalltag deutlich erleichtern.
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